Hornauer will Bürgermeister werden – Mal wieder

Thomas Hornauer, der selbsternannte König und Sektenführer will Bürgermeister werden in Kornwestheim.
Mit Bürgermeisterwahlen kennt er sich aus, er hatte da schon einige Versuche.
In Plüderhausen (4,76%), Welzheim (4,48%), Urbach, Remshalden, Kernen im Remstal, Alfdorf und Lorch (da waren es 2%)

Keine konnte er gewinnen und alle endeten für ihn im unteren einstelligen Prozentbereich.
Das ist jetzt also seine 8. Kandidatur auf dieses Amt. In 8 verschiedenen Städten. Ich dachte ja eigentlich eine königliche Heiligkeit hätte so ein weltliches Amt nicht nötig.

Und ja, er besteht auf den vollen Titel:

Seine königliche Heiligkeit Thomas Gerhard Hornauer.

Ich hatte vor einer Weile ein Video über Sekten gemacht, darin geht es auch um ihn. Ab Minute 8:42

Er hat seine eigene Religion gegründet, indem er einfach 2 Religionen vermengt und pervertiert hat. Den Christ-Buddhismus. Außerdem gibt es bei ihm sehr deutliche Reichsbürgeransätze, was durch seine Königsschwafeleien nur noch verstärkt wird. Mit Querdenkenanführer Ballweg ist er auch per du. Sie teilten sich auf einer Demo die Bühne.

Hornauer (rechts) und Ballweg (weiter rechts) auf einer Bühne Quelle

Ich halte diesen Mann für sehr gefährlich. So bekloppt das alles auf uns wirkt, für viele seit „Kanal Telemedial“ im Nachtprogranm des kika lief, so sehr muss man aber auch im Hinterkopf behalten, dass er Medienprofi ist und weiß, wie er sich in welchem Moment geben muss.

Die wandernde Couch

Umzug zweier junger Leute mit Couch und ohne Auto und sonstigem Hilfsmittel. Dann wird halt die Couch über die Straße geschoben. Über die Kopfsteinpflasterstraße, die zum letzten Mal vor gefühlten 200 Jahren instandgesetzt wurde. Das nenne ich ein Abenteuer.

Ein Abenteuer vor allem, weil die Füße der Couch nicht dafür gemacht wurden, dass man sie schiebt. Habe meine Hilfe angeboten, wurde aber zurückgewiesen. Nun gut, ich hab Feierabend und Zeit.

2 Meter der insgesamt 8 Meter sind geschafft, wie auch die beiden geschafft sind. Sie stecken in einer Klemme. Gefühlt und im echten Leben. Einer der Füße steckt in einer Fuge zwischen den Steinen fest. Wie gesagt, beide schieben. Keiner hebt. Der Fuß hält tapfer stand!

Der Fuß ist nicht weiter stur und ist eingeknickt. Also so richtig. Anders gesagt, er ist ab. Das bringt den beiden Schiebern jetzt nicht so sonderlich viel, denn durch den Schock, weigert sich Fuß Nummer 2 jetzt weiter zu rutschen. Wir hängen erneut in einer Klemme.

Die Schieber haben Fuß Nummer 2 jetzt auch aus der Party verbannt und ihn ebenfalls sterben lassen. RIP, lieber Fuß Nummer 2! Wir werden dich nicht vergessen! F in den Chat! Die Luft für Nummer 3 und 4 wird nun immer dünner, die Couch ist bereits in Schieflage geraten.

Zur Feier meines frühen Feierabends, habe ich mir einen Lahmacun gegönnt, welchen ich zuhause essen wollte. Allerdings habe ich das jetzt hier im Auto getan. Besser als jedes Popcorn.
Aber eine Frage bleibt: Gibt es auch nur einen Menschen, der das unfallfrei essen kann? Einen?

Zurück zum Thema
Update: Jetzt wo auf der einen Seite 2 Füße fehlen und der weiß-beige Stoff der Couch-Kante auf dem Boden rutscht, hat Schieber1 (oder besser Schieberleader) festgestellt, dass wenn man am anderen Ende hebt, die Couch besser rutscht, so ohne Beine.

Klappt auch ganz gut, bis sie zur 5 Meter Marke kommen, da hat nämlich die Couch-Kante so keine Lust mehr und versenkt sich in einer Monsterfuge. Durch den Schreck fällt Schieberleader und Schiebernichtganzsoleader die Couch runter.
RIP Fuß 3 und 4…

Nun sind also alle Füße ab und beide Mitglieder der Schieberbande stehen vor 2 Problemen. Sie können nicht mehr unterfassen, weil kein Fuß mehr da ist, der den Platz ermöglicht hätte und die Kante der anderen Seite steckt noch immer in der Fuge.

Während ich mich von den Resten der türkischen Pizza säubere, legen auch die beiden Schieber eine Pause ein. Sie könnten sich auf die Couch setzen, die ja eigentlich haargenau für solche Fälle gedacht ist, sie setzen sich allerdings auf die Straße. Neben der Couch.

Ein neuer Schlachtplan muss her, schnellstens. Also schnellstens, nachdem das Red Bull getrunken wurde. Biete nochmal meine Hilfe an und werde wieder, mittlerweile genervt zurückgewiesen. Na gut, dann setze ich mich wieder in mein Auto und gucke zu. Allerdings erdreiste ich mich vorher noch den Tipp zu geben die Couch nach hinten anzukippen um unterfassen zu können. Ich blicke in 2 verständnislose Gesichter. Dann kommt ihnen 2 Minuten später ein Geistesblitz. Sie könnten ja die Couch nach hinten kippen. Ja, wow! Immerhin.

Also steht Schieberleader nun hinter der Couch und zieht. Die Couch kippt tatsächlich nach hinten und Schiebernichtganzsoleader fasst unter. Schieberleader lässt los und zack…
Ich fummle schon mal den extra Verbandskasten aus meinem Auto heraus. (ja, habe 2 für alle Fälle)

Ein paar männliche Tränen fließen und ein wenig geflucht wird auch. Aber was muss das muss. Der Schmerz wird aus der Hand geschüttelt und weiter geht’s. Beide haben sich jetzt dazu entschlossen zu ziehen. Der Einfachheit halber, nenne ich sie aber weiterhin Schieberbande.

An der Ausgangslage hat sich nichts geändert. Die Kante der Couch steckt noch immer in der Fuge. Also bringt ziehen exakt so viel wie schieben. Mittlerweile hat sich übrigens Publikum angesammelt. Neben mir sind nun 5 Leute draußen und schauen zu.

Während ich das hier schreibe, passiert das Unglaubliche! Die Kante löst sich aus der Fuge und beide ziehen voller Stolz weiter. 6 Meter sind geschafft. 7 Meter. Erste Laolawellen bilden sich. Erste Klatscher sind zu hören. Allerdings nicht draußen, sondern aus dem Fitnessstudio. Das ist nämlich nebenan und gut besucht. Allerdings sind alle Geräte unbenutzt, weil alle Besucher an den Fensterscheiben hängen um das Spektakel mitzuerleben. Jubelrufe werden laut, was unsere Schieber natürlich umso mehr anspornt. Der letzte Meter! Was soll schon schiefgehen?

GESCHAFFT! SIE HABEN ES TATSÄCHLICH GESCHAFFT!

OK, sie stehen zwar jetzt vor dem Problem, dass 1. Die Bordsteinkante ziemlich hoch ist, 2. die Tür ziemlich schmal und sie 3. mindestens in den 1. Stock müssen (das Fitnessstudio ist im Erdgeschoss), aber das Ziel ist in Sicht!

Die Jubelschreie aus dem Fitnessstudio hallen nach und so werden Bärenmamakräfte freigesetzt um die Bordsteinkante zu überwinden. Die Couch ist fast am Ziel! Ich biete ein letztes Mal an zu helfen und oh Wunder, sie nehmen an. Ich erkläre ihnen kurz die Hub und Drehtechnik. Couch hochkant stellen und dann durch die Tür drehen. Couch ist im Haus. Lag vielleicht auch an dem Bekannten, mit dem ich das gemacht habe. Mit der fast selben Technik hiefen wir das Teil in den 2. Stock und in die Wohnung. Beide Schieber sind glücklich und wir gehen wieder.

Ich könnte hier natürlich abschließen, aber wie könnte ich? Wir haben unterwegs 4 tragende Elemente dieses Unterfangens verloren, die einfach so zurückgelassen wurden.
Ich habe ihnen Namen gegeben.
Splinter, Shredder Manuel und Bob.

Ruhet in Frieden!

Ich nehme also alle 4 an mich und bette sie sorgfältig zur Ruhe. In der Tüte, in der ich den Lahmacun bekommen habe. Möge Euch im nächsten Leben ein besseres Schicksal ereilen.

Farewell my friends

Hab die Tüte vor die Tür gelegt. Nur falls jemand fragt. Entsorgen können die ihren Müll schon noch selbst. So, ich gehe jetzt nach Hause. Tschüss.

Wie man aus 2,5 Stunden 5 Stunden macht

Oder

Warum ich Zug fahren hasse!
Es hätte alles so schön sein können. Freitag, ich bin pünktlich in Hildesheim, die Sonne scheint, der Bus zum Bahnhof fährt in 5 Minuten. Ich habe Zeit für ne schnelle Pausenzigarette. Das Leben ist schön und ich gegen 20 Uhr in Nauen.

Fertig geraucht, der Bus kommt pünktlich und so komme ich 5 Minuten später entspannt am Bahnhof an.

Die hormongebeutelten Gangsterrapper, die sich harte Rhymes in den kaum vorhandenen Flaum nuscheln, ignoriere ich, weil mein ICE pünktlich in 10 Minuten abfahren will, ob ich nun dabei bin oder nicht. Das ist ihm irgendwie auch egal. Finde ich persönlich jetzt zwar weniger sozial, aber jeder hat ja so seine Verpflichtungen und Termine. Nun gut.
Da ich noch keine Fahrkarte habe, stelle ich mich also dem unbeugsamem Fahrkartenautomaten der hiesigen Regionalbahn-Verkehrsgesellschaftsbude. Ich tippe so schnell ich kann auf dem leicht fettigen Bildschirm herum, der Automat scheint meine Hast zu spüren und gibt sich extra viel Mühe um mir behilflich zu sein. Wir kommen gut voran, Start und Ziel sind eingegeben, die weiteren Eckdaten ebenfalls, nun geht es ans Bezahlen. Ich freue mich, weil ich tatsächlich noch 7 Minuten Zeit habe. 66 Euro insgesamt, geht eigentlich. Dachte ich. Dann will ich den dafür auserkorenen Schein in den dafür vorgesehenen Schlund des Automaten legen, da gleitet mein Blick auf dem Bildschirm hinüber zu den zulässigen Zahlungsmitteln und stocke. 100 Euro Scheine nimmt er nicht an. Aber auch keine 50 Euro Scheine, keine 20 und keine 10 Euro Scheine.

Nun trage ich eher selten 14 5 Euro Scheine mit mir herum und auch keine Münzen im entsprechenden Gegenwert. Was also tun? Ich überlege kurz ob ich eine abstrakte Kunstperformance auf die Schnelle konzipieren und aufführen kann um so genügend Kleingeld zusammen zu bekommen. Entscheide mich aber dagegen. Aus offensichtlichen Gründen. Ich habe einfach die falschen Schuhe dafür an. Ohne die klappt das einfach nie. Ich weiß auch nicht wieso, aber ohne diese Schuhe will der Flicflac einfach nicht so richtig flutschen. Aber ich schweife ab. 
Nachdem ich diese Idee nun verworfen habe und mich beim Automaten für die Unannehmlichkeiten entschuldigt habe, stelle ich fest, dass das Reisezentrum der Deutschen Bahn zufällig nebenan ist  und geöffnet hat. Schön denke ich mir und stürme tatendranggeschwängert in das Epizentrum der deutschen Bahnkompetenz. Ich betrete den Raum und will gerade nach Hilfe brüllen, da merke ich, dass ich nicht ganz allein mit meinem Hilfsgesuch zu sein scheine. Es stehen 7 Leute vor mir um mit einem der beiden diensthabenden Zug-Luden sprechen zu dürfen. Die sind, wie es die Art der Luden nun mal ist, nicht aus der Ruhe zu bringen. Einfach beinharte Typen. Alle vor mir haben existentielle Fragen, die es zu beantworten gilt. „Kann ich mein Fahrrad mit in den ersten Wagen nehmen, im Regionalexpress Drölf, auf der Strecke zwischen Kennichnichdorf und Niegehörtingen?“ Der Experte hinter dem Schalter legt kurz den Kopf schief und sagt der um Antwort flehenden Dame, dass der Regionalexpress Drölf nicht zwischen Kennichnichdorf und Niegehörtingen fährt, sondern nur zwischen Habichnichverstandenstadt und Ichauchnichen. Hätte man aber auch drauf kommen können. Wirklich jetzt. Die ratlose Dame, ein wenig ihrer Illusionen berauft, will aber noch nicht aufgeben und bombardiert ihn weiter mit Fragen. Ich konzentriere mich ein wenig auf den anderen Schalter und auf die darüber angebrachte Uhr. Übrigens ist es sadistisch, wenn man im Stress ist, ständig die Uhr zu sehen. Die Zeit will einfach nicht anhalten und die Zeiger bewegen sich, wie aus hämischer Freude noch ein wenig schneller in Richtung der Zeit, die mein Zug ebenfalls erwartet um abfahren zu dürfen.

Am anderen Schalter stehen 2 Damen mit ihrem Kinderwagen und einem – nennen wir es mal aufgeweckten – Kind darin. Sehr aufgeweckt und laut. Sehr laut. Bei den beiden geht es um die unlösbare Frage, ob die BahnCard noch gültig ist, sie ist immerhin bereits 6 Wochen alt und man sei sich nicht sicher, ob und wie lange diese nun gültig sei. Ist aber auch schwer zu lösen. Der Kollege hinterm Schalter ist ein wenig irritiert, er scheint neu zu sein und keine Fehler machen zu wollen, also spult er das ganze Programm des Deutsche Bahn Services ab. Und zwar das ganze. Inklusive Anruf in der Zentrale mit Warteschleife am Telefonlautsprecher. Und aller Kundendaten, die zweimal aufgenommen werden. Und zwar alle Kundendaten. Aber auch alle.

Ich werde allmählich nervös, denn ich habe nur noch 3 Minuten Zeit die Karte zu kaufen, den Sprint zum Gleis anzutreten und dann noch das Ende eben jenes Gleises zu erreichen. Die Schalter kommen wieder in Gang, denn die erste Dame scheint aufgegeben zu haben. Nun geht es Schlag auf Schlag. Eine Schülerkarte hier, eine kurze Frage zum Tarif dort, eine Sitzplatzreservierung hier und ein verlorenes Portemonnaie dort. Nun bin ich dran. Noch 2 Minuten. Ich sage dem Bahnexperten schnell die Daten – Hildesheim – Berlin Olympiastadion, einfach, ohne Reservierung, 2. Klasse. Er tippt fleißig: Hildesheim – Berlin Hauptbahnhof, nur ICE. Er sagt, Berlin ist Berlin, da ist es egal. Ich antworte ihm, Najaaaa, nicht ganz. Ok, er fängt von vorn an. Hildesheim Berlin Ulymp… Er schaut mich an, ihr Ziel gibt es nicht. Ich sehe ihn an. Stimmt, wenn man es so schreibt, dann gibt es das Ziel nicht. Schreibt man Olympia allerdings mit O, dann kommt da was. Als er seinen Fehler bemerkt, fängt er erneut an. Hildesheim – Berlin Olympiastadion. Super, denk ich. Klappt doch mit dir, Keule. Er schaut mich an und fragt: „Einfach?“ Ich schaue ihn an und Resignation macht sich breit. Ja, sage ich. Und 2. Klasse. Ohne Reservierung. Als er fertig ist und auf den „Drucken“ Knopf drückt, höre ich ein unheilvolles Pfeifen. Ein Pfeifen aus einer Trillerpfeife. Und ich höre das Anfahren eines ICE. Das wars, denk ich mir und seufze ein wenig mitleidig. Er schaut mich an und sagt: „Na na, in einer Stunde fährt doch bereits der Nächste.“ Als er das so sagt, öffnet er seinen elektronischen Fahrplan und zeigt auf einen Abfahrtszeitpunkt. Dieser ist allerdings rot unterlegt. Rot hat in solchen Momenten nie eine gute Bedeutung. Oh, sagt er und klickt ein wenig auf seiner Maus. Wird wohl doch etwas später. Etwas später bedeutet in diesem Fall eine Stunde.

Ich überlege noch, welche der berühmten Bahnsprüche es dieses Mal sein wird. Ist es Schnee auf den Schienen? Wird es Geröll? Oder gar Laub? Nein, es ist ein Stau. Stau? Auf der Schiene? Ernsthaft? Ja, ernsthaft. Ein ordinärer Stau. Irgendwo bei Fulda ist irgendein Zug irgendwo so dämlich liegen geblieben, dass keiner mehr durchkommt. Ganz klassisch eben. Da ich alle Hoffnung fahren ließ, aber gern meinen Frust an irgendjemanden auslassen will, mich aber nicht entscheiden kann, mache ich allen das Geschenk und frage den Schaltermann wie ich am besten von Kennichnichdorf nach Niegehörtingen komme, wenn ich unbedingt mit dem Regionalexpress Drölf fahren will. Ich bitte ihn inständig nochmal nachzudenken, ob ihm da vielleicht irgendwas einfällt. Ich müsste allerdings das Fahrrad in den ersten Wagen stellen. Muss doch gehen, finde ich. Er bleibt ruhig. Ein echter Bahnlude eben. Die hinter mir finden das allerdings nur mäßig lustig und so entscheide ich mich erstmal eine rauchen zu gehen, schließlich habe ich jetzt massig Zeit. 2 Stunden etwa. Juhu, kann ich mal Hildesheim erforschen gehen.

Ich verlasse das Bahnhofsgebäude und was ist? Genau es schüttet aus Kübeln. Und ein wenig Gewitter ist auch dabei. Es. War. So. Klar. Nun gut, das bringt mich jetzt nicht aus der Ruhe. Ich setze meine Kapuze auf, gehe unter dem Vordach hervor und… Bin einfach nur sofort durchweicht! Es war so klar. Ich mache einen Schritt zurück und bin wieder unter dem Vordach. Gut, wenn Zeit, Bahn und Wetter gegen mich sind, dann liegt es vielleicht an mir. Also stelle ich mich ganz in die letzte Ecke und rauche. Und da stand ich auch eine knappe Stunde und fing an diesen Text zu schreiben. Die nächste Stunde verbrachte ich dann damit auf dem Weg zum 2. Klasse Bereich des Gleises zu wandern. Wusstet ihr, wie verdammt lang ein ICE ist? Und das die Bereiche für die Holzklasse, also meiner, so weit hinten sind, dass die Überdachung einfach irgendwann aufhört? Der Bahnhof übrigens auch. Ich hatte etwas Angst plötzlich in Braunschweig zu stehen um in die 2. Klasse des ICE in Hildesheim einsteigen zu können.

Jetzt, wo ich im Zug sitze, der nochmal eine halbe Stunde Verspätung hatte, da eine Frau auf dem Weg von Fulda nach Hildesheim Sex hatte und das Kind endlich auf die Welt wollte, schreibe ich den Text zu Ende. Damit ich hier wenigstens irgendetwas zu tun habe. Obwohl, der Typ vor mir schaut gerade 96 Hours auf seinem Laptop. Durch die Spiegelung der Scheibe kann ich ganz gut mitschauen. Ich habe dennoch keine Lust mehr. Schönes Wochenende. 

Für meine Nichten gehe ich auch durch die Hölle

Ok, es ist nicht DIE Hölle, nur meine persönliche Hölle. Ich war nämlich gerade im Havelpark. Einige werden sich jetzt fragen, was an diesem Tempel des Konsums eine Hölle sein soll und sie fragen es sich zurecht. Nun, morgen ist Sonntag. Und Heiligabend. Und damit der letzte Tag auf Erden. Schließlich sind die nächsten 3 Tage alle Geschäfte geschlossen.

Also stürmen alle Männer verzweifelt los um noch irgendwas schönes für die heimische Regierung zu besorgen, weil sie, wie jedes Jahr angenommen haben, dass das „Dieses Jahr schenken wir uns aber nichts, ne?“ tatsächlich gilt, bis sie durch Zufall, auf der Suche nach etwas essbarem, in diesen einen Schrank schauen, der irgendwie nur in diesen Momenten zu existieren scheint, der Schrank mit den Putzmitteln, und dort dann erstaunt feststellen, dass die Geliebte einen wahrscheinlich doch mehr liebt, als man sie. Sie stürmen in die Geschäfte, verwechseln dabei schonmal den Juwelier mit dem Elektronikdiscounter, rennen dann erstaunt aus dem Laden und landen wie durch Zauberhand im Angelladen, der teuflischerweise direkt neben dem Baumarkt liegt und kaufen aus lauter Frust erst einmal eine Flex, deren echten Preis die Frau nie erfahren darf.


War ein Angebot Schatz, wirklich! Die haben sie quasi verschenkt! Ich musste zugreifen, die hat nämlich 10 Umdrehungen mehr, als die, die ich vor genau einem Jahr gekauft habe, die auch schon ein totales Angebot war. Ehrlich, Schatz!


Wenn sie dann wieder glücklich im Auto sitzen und gerade das Auto starten wollen, fällt ihnen wieder ein, warum sie ja eigentlich hier sind. Die Frau! DIE FRAU! Also geht es wieder rein und fast direkt zum Geschenk für die Frau. Die Frage ist dann nur was wird ihr Geschenk? Schließlich darf nicht der Eindruck entstehen, dass sie ihn mehr lieben würde, als er sie. Also geht er sein Budget durch. Für einen fetten Diamantring fehlt das Geld. Für einen kleinen auch. Eigentlich wäre nur genug da, wenn der Diamant aus Glas und der Ring aus Alufolie bestehen würde. Also fällt der Juwelier aus. Für schöne Klamotten fehlen ihm die entscheidenden Details. Die Maße zum Beispiel. Kurz überlegt er sie anzurufen und „ganz beiläufig“ danach zu fragen, aber das würde nur Nachteile mit sich bringen. Ganz erhebliche Nachteile. Unglaublich laute Nachteile. Außerdem würde sie dann was ahnen. Also wird es ein Gutschein. Gutscheine sind super. Aber teuer.


Jetzt stehen also unzählige Männer an der Geschenkeverpackstation, die zum Glück umsonst ist und lassen sich ihre Gutscheine verpacken. Natürlich werden sie dann am Heiligen Abend behaupten, alles aus dem tiefsten Inneren des Herzen gekauft zu haben, aber die Geliebte wird es wissen. Nicht sagen. Nur wissen. Frauen haben Stil und wissen wieviel die Flex gekostet hat, denn sie hat genau dieses Modell bereits im Oktober gekauft, als diese tatsächlich im Angebot war und ihrem Liebling mal etwas Gutes tun wollte.


Frauen allerdings fahren in den Havelpark um tatsächlich einzukaufen. Und so sind die Fahrstühle gefüllt von Körben voller Fressalien, die für Wochen den heimischen Kühlschrank füllen werden. Und den Gefrierschrank. Und alle anderen Schränke gleich mit. Schließlich geht die Welt unter. Wie jedes Jahr. Manchmal wünschte ich, ich wäre eine Frau an Weihnachten. Mit Tunnelblick in das anvisierte Geschäft und nur das nötigste kaufen. Weil die Welt untergeht. Wie jedes Jahr an Weihnachten.


Aber nein, ich gehe Geschenke kaufen für meine Nichten. Das Problem ist nur, ich hasse Menschenaufläufe. Wie. Die. Pest. Und nirgendwo sind mehr Menschen versammelt, als am letzten Tag vor Weihnachten im Einkaufszentrum. Also quäle ich mich ohne rechte Idee durch die Massen, die unerbittlich im Strom schwimmen. Als ich irgendwie im Spielzeugladen ankomme, fällt mir auf, dass ich Spielzeuge irgendwie anders in Erinnerung hatte. Dort stehen hunderte Kinderwagen und Babybetten herum und warten darauf gekauft zu werden. In der Bücherabteilung finde ich neben den Malbüchern auch gleich einen Stephen King Roman, den ich noch nicht hatte und als ich den Preis für den Lego-StarWars BB-8 erblicke, falle ich bald in Ohnmacht. Ok, meine Nichten werden sich nicht wirklich für Lego von Star Wars interessieren, aber meine Güte, was ist das teuer. Selbst der olle Bauernhof von Playmobil kostet fast 100 Euro. Das sind ja fast 800 Mark oder 0,04 Bitcoin! (Je nach Kurs)


Schlussendlich habe ich aber alles gefunden und mich schonmal vorsorglich bei meinem Bruder, dem Vater meiner Nichten, entschuldigt. Er sagte nämlich, ich solle den Mädels nichts holen. Als hätte er da irgendein Mitspracherecht. Also wirklich, ich habe nur diese beiden Nichten und ich sehe sie nur selten (Arbeit Arbeit), also werde ich sie mit Geschenken bombardieren, wo es nur geht. Mit von mir höchstpersönlich verpackten Geschenken. Ok, eigentlich ist „mir“ die Damen an der Geschenkeverpackstation, aber ich habe sie höchstpersönlich dort hingebracht! Jaha, das kann ich nämlich. Nun aber gut. Ab nach Hause. Flex testen. Schöne Weihnachten. 

Nie gestellte Fragen 

Heute vor genau einem Jahr schrieb ich den hier verlinkten Beitrag. Heute vor genau einem Jahr starb mein Opa. 

Diesen Text las ich auf seiner Beerdigung vor und es war für mich der schwerste Moment in meinem Leben. Doch auch danach beschäftigte er mich. Es ist erschreckend und traurig zugleich, wie wenig ich über diesen großen Mann weiß. Ich habe in den darauf folgenden Wochen sehr viel gelesen, gelernt und recherchiert und dennoch kratze ich nur an der Oberfläche dessen, was es noch zu entdecken gibt, im Leben meines Opas. 

Vieles wurde mir auch durch seine Freunde und langjährigen Begleiter erzählt, viele Anekdoten, die ihnen in Erinnerung geblieben sind. Die Bewunderung für seinen Mut und die Furchtlosigkeit, die er an den Tag legte, wenn es ihm wichtig war oder ihm etwas falsch erschien. Die Kollegialität, die viele an ihm schätzten aber auch seine diplomatische Schonungslosigkeit. Sie sagten mir, er konnte einem sehr ehrlich die Meinung geigen, dass es weh tat, aber auch immer so, dass man ihm dafür danken musste, weil er recht hatte. 

Meine Familie überließ mir viele Dokumente, mit denen ich die Familiengeschichte auf etwa 300 Jahre namentlich zurückverfolgen kann. Ich weiß wo und wie sie lebten, ich kenne ihre Namen und doch, ich werde nie wissen wer sie waren. Wie sie waren. 

Ein Kapitel im Leben meines Opas hat mich aber sehr beschäftigt. Die Flucht aus Groß Cammin, dem heutigen Kamień Wielki, das nordöstlich von Küstrin liegt. Vor ein paar Jahren haben meine Mutter und meine Großtante Christa, die leider auch schon von uns ging, niedergeschrieben, wie es damals war. Damals, an Weihnachten 1944, als sie alle zelte abbrechen und ihren Hof zurücklassen mussten um in Sicherheit zu sein. Damals, als sie mit ansehen mussten, wie Menschen in das Eis der Oder brachen und erkranken, oder dass sich Menschen erhängten, weil sie Angst hatten, oder als ihnen wieder und wieder klar gemacht wurde, dass sie als Flüchtlinge unerwünscht waren. 

Und dennoch fanden sie in Tietzow ihre neue Heimat und wurden Stützen der Gesellschaft. Mein Opa war viele Jahre Mitglied der Deutschen Bauernpartei, die nach der Wende mit der CDU fusionierte. Er engagierte sich sehr im Bereich Landwirtschaft, Nachhaltigkeit und Energie und brachte vieles auf den Weg. 

Das sind so die großen Dinge, von denen ich weiß. Es gibt noch so unglaublich viel mehr, von dem ich aber einfach zu wenig weiß. Doch fragen kann ich ihn nicht mehr. So viele Fragen sind offen. Fragen, an die ich nie gedacht habe. Fragen, die ich nie gewagt habe zu stellen. Fragen, die ich einfach vergessen habe. Einfach nie gestellte Fragen. Das bereue ich sehr. 

Es gibt kein ruhiges Hinterland! 

Ich wurde vor kurzem gefragt, ob ich für den heutigen Tag eine kleine Rede schreiben könnte. Anlass ist der jährliche Aufmarsch der Neo-Nazis in Nauen um zu trauerfeiern. Thema der Rede sollte sein: Nauen zwischen SVV und Schneiders Verhaftung. Ich selbst kann leider nicht vor Ort sein, daher könnt Ihr sie hier in voller Länge lesen, wenn Ihr wollt. Gekürzt wird sie heute Abend aber auch zu hören sein. Am Ort des Anschlags, der Turnhalle. Zudem findet Ihr in diesem Post auch noch eine grafische Darstellung, die noch einmal alle Ereignisse als Zeitlinie darstellt. Inhaltlich sollte alles korrekt sein, wer dennoch einen Fehler findet, darf mich gern darauf aufmerksam machen. 
Titel: Es gibt kein ruhiges Hinterland! 
Hier an diesem Ort, eskalierte am 25. August 2015 die Gewalt, die wir, als Einwohner dieser Stadt, nicht in dieser Form erwartet hätten. Die Turnhalle des OsZ Havelland brannte völlig nieder. Verantwortlich dafür war ein Netzwerk von Neo-Nazis aus Nauen und Umland. Maik Schneider, zu dem Zeitpunkt noch NPD Politiker im Kreistag Havelland  und der Stadtverordnetenversammlung in Nauen*, sowie fest eingebundenes Gründungsmitglied der freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland, plante mit seinen Kameraden Wochen vorher bereits diesen Anschlag. Er kündigte in seinem Bekanntenkreis an „Das Ding wird brennen“! Dass er selbst dafür verantwortlich sein würde, wusste zu diesem Zeitpunkt, bis auf seine strammdeutsche Gefolgschaft, niemand. Doch das war nur der Höhepunkt. Das Netzwerk agierte bereits lange vorher und es ist weitaus größer und verzweigter, als durch die Medien bekannt. 
Erstmals offen agierte das Netzwerk um Schneider am 15. Februar 2015 bei einer Stadtverordnetenversammlung, bei der es um den Verkauf des Geländes, der heutigen Asylunterkunft, im Waldemardamm, ging. Schneider, damals noch nicht wieder in der Stadtverordnetenversammlung vertreten (er rückte später nach, weil Erik Brüning sich aus der Politik zurückzog), führte damals einen Mob an und ließ durch seine offen faschistischen Parolen die Stimmung aufheizen, die am Ende zum Abbruch der Stadtverordnetenversammlung führte. Die Polizei räumte sowohl den Innenbereich, in den bei weitem nicht alle Interessierten Platz fanden, als auch den Aussenbereich, den Schneider beherrschte. Drinnen, wie auch draußen, befanden sich strategisch gut verteilt ein „Who-Is-Who“ der rechtsextremen Szene, die bereitwillig Schneiders Parolen folgten und die Meute animierte. Die Sitzung wurde dann unter Ausschluß der Öffentlichkeit fortgesetzt. An diesem Abend zeigte die Szene das erste Mal offen, was sie unter Diskussion und Demokratie versteht. Wer nicht ihrer Meinung war, wurde sofort niedergebrüllt. Ich sah dort viele verschüchterte und verängstigte Menschen, die, obwohl sie offen waren, sich nicht mehr offen positionieren wollten, aus Angst vor Drohungen und Gewalt. 
Zwischen März und Juli stand uns dann ein regelrechter Demo-Marathon bevor, der mit insgesamt 7 Demonstrationen der Rechten für unsere kleine Stadt wirklich viel war. Auch wenn die Beteiligung an den Demos von mal zu mal mehr schwand, immerhin begannen sie mit 200 Leuten, war es für uns jedes Mal wieder nervig und zeitraubend den Gegenprotest zu organisieren, zumal wir oftmals nur Stunden vorher Wind davon bekamen. Dennoch funktionierte es und wir konnten stabil immer um die hundert Menschen mobilisieren. Danke dafür. Bei den Rechten sah das etwas anders aus. Fingen sie noch mit rund 200 Menschen an, kamen von mal zu mal weniger Menschen, so dass der Gegenprotest ab der dritten Demonstration auf Augenhöhe war und die sich bei ihrer letzten Demo nicht mal mehr an uns vorbei trauten. Sie verkürzten ihre Routen und blieben lieber unter sich. 
Zur selben Zeit, also März bis Juni hatte das Parteibüro der Partei die LINKE sehr unter den Angriffen zu leiden. Insgesamt 9 Angriffe in 3 Monaten fanden statt, von denen sich mindestens 2 auf Schneiders Netzwerk zurückführen lassen. Mal wurden die Scheiben des Büros mit 29 Hammerschlägen eingedeckt, mal wurden Bruteier gegen das Büro geworfen, so dass die Fensterbank und der Boden mit toten Küken belegt war, mal wurden Farbbeutel gegen das Gebäude geworfen, von denen sich die Überreste noch immer an der Hauswand befinden, mal wurde auch einfach die Tür verklebt. Aber nicht nur das Büro der LINKEn hatte zu leiden, wenn auch am meisten, nein, auch das Büro der SPD wurde Ziel der Anschläge. Diese traf es zwar „nur“ einmal, aber dafür mit sprichwörtlich voller Wucht. Dort wurden in der Nacht zum 17. Juni 2015 die Scheiben mit Steinen eingeworfen. Doch damit sind wir noch nicht am Ende angelangt. 
Im April 2015 wurde der Bus des Jugendvereins Mikado e.V., der sich seit vielen Jahren in der Stadt um Kinder und Jugendliche kümmert für eine der Demos als Lautsprecherwagen benutzt. In der Nacht darauf wurden dem Bus alle Reifen durchstochen. Es wurde ebenso eine Botschaft hinterlassen, die uns damals schon erahnen ließ, was uns im August dann Realität wurde. Auf dem Zettel, der hinter die Windschutzscheibe geklemmt wurde, stand: „Liebe Asylantenfreunde, Tröglitz ist auch hier. Bis bald!“ Obwohl die Kriminalpolizei und der ihr angeschlossene Staatsschutz hin und her ermittelten, konnte kein Täter dingfest gemacht werden. Nachdem wir das ganze öffentlich gemacht hatten, erhielten wir viel Zuspruch und Spenden um dem Bus neue Schuhe verpassen zu können. Da die Ferien aber kurz bevor standen und Mikado traditionell ein Ferienprogramm veranstaltet, waren all die Spenden nutzlos, da der Bus noch weitere Wochen durch die Polizei für Untersuchungen gesperrt war. Dem Verein fehlte ein Bus im alle Kinder transportieren zu können. Schneider bekam davon Wind, welch ein Zufall, und stand noch am selben Tag süffisant und gönnerhaft grinsend vor der Tür des Vereins um ein Angebot zu unterbreiten. Ich war ebenfalls vor Ort, weil ich mit dem Verein, in dessen Vorstand ich zu diesem Zeitpunkt saß, zu beratschlagen, was wir nun tun könnten. Schneider bot seinen Bus an. Einen Bus, der zu diesem Zeitpunkt keinen TÜV mehr besaß und den er für alle NPD und freie Kräfte Demos nutzte. Wir lehnten sehr deutlich ab. Der einzige Grund, warum wir überhaupt mit ihm redeten, war, weil wir sehen wollten, ob er eventuell etwas damit zu tun haben könnte. Leider lässt sich seine Beteiligung bis heute nicht beweisen. Der Bus des Vereins wurde übrigens noch einmal angegriffen. Im März 2016. Nur 4 Wochen zuvor versuchte man das Auto von 2 Lokalpolitikern der Partei die LINKE abzufackeln. Das misslang allerdings zum Glück kläglich. 
Warum die Parteien und der Verein Ziel der Angriffe waren lässt sich ganz einfach sagen: Sie waren und sind Teil des Protests gegen die Nazis um Schneider. Sie alle zeigten Gesicht und Flagge und das versuchte man durch Gewalt und Einschüchterungen zu unterbinden. Das misslang zum Glück allerdings. Gleichzeitig versuchte man mit Schmierereien und Plakataktionen die Bürger aufzustacheln. So wurden im ganzen Stadtgebiet und vor allem vor Schulen Graffitis gesprüht. Mal mit Hakenkreuz und SS, mal mit dem Slogan „Heimatliebe ist kein Verbrechen“. Da jedes Mal dieselbe Farbe benutzt wurde, lässt sich zumindest vermuten, dass es sich um dieselben Täter handelt. Schneider selbst kann man einige Stickeraktionen nachweisen. Ich habe ihn selbst dabei beobachtet und verfolgt, um die Sticker wieder zu entfernen. 
Gleichzeitig versuchte man über dubiose Bürgerinitiativen sich selbst aus dem Fokus zu nehmen und dort nur im Hintergrund zu fungieren. Das war aber auch nicht von Erfolg gekrönt, da es zu offensichtlich war. So wurden zum Beispiel Flyer benutzt, die 1 zu 1 von anderen offen rechtsextremen Gruppierungen kopiert wurden, oder es wurden sehr fadenscheinige „Argumente“ geliefert, die Geflüchteten würden nur neidisch werden, wegen der gegenüberliegenden Kleingartenanlage, etc. Nach nur einer Demonstration, die ebenfalls wieder mit Schneiders Hilfe (als Kontaktperson der Polizei) und Schneiders Bus als Lautsprecherwagen stattfand. 
Als das Auto eines in Nauen lebenden Polen am 17.Mai 2015 brannte, nachdem aus Schneiders Kreisen verbreitet wurde, dass der Mann Kinder belästigt hätte, wofür es nie einen Beleg gab, wurde uns klar, welche Macht diese Art von Lügen hatte. Zu dem Zeitpunkt wussten wir nicht, dass Schneider und Dennis W. (einer der anderen beiden Hauptangeklagten) selbst für den Brand verantwortlich waren. Wir verfolgten den Tag über die Diskussionen und Mordaufrufe waren keine Ausnahme, sondern die Regel. Es war erschreckend, wie schnell sich die Leute aufhetzen lassen und das ohne überhaupt zu wissen, ob derjenige überhaupt etwas getan hatte. Generell war der Ton seit Anfang 2015 ein deutlich anderer geworden. Geflüchtete, die noch gar nicht in Nauen waren, hatten dort schon Mercedesse geschenkt bekommen, die Läden geplündert, die Menschen auf der Straße beraubt, vergewaltigt und gemordet. Auch, wenn es totaler Unsinn war, fanden sich doch immer ein paar Leute, die das für bare Münze nahmen und sich so weiter radikalisierten. 
Nur 2 Wochen später, am 1. Juni, wurde dann das Dach des Nauener Lidl durch einen zur Bombe modifizierten Böller in die Luft gejagt. Auch wenn zumindest nach kurzer Zeit noch kein direkter Zusammenhang hergestellt werden konnte, stellte sich bald heraus, dass auch dafür Dennis W. verantwortlich war. Der letzte Hauptangeklagte ging in der Nacht des 31. Juli 2015, seinen Angaben nach stockbesoffen, zur Baustelle des Wohnheims und fackelte dort ein Dixie-Klo ab. Wahrscheinlich, weil zu diesem Zeitpunkt noch nichts weiter dort stand. Heute wissen wir, dass zu diesem Zeitpunkt bereits der Plan stand, die Turnhalle des OsZ abzufackeln. Schneider und Konsorten kauften bereits Wochen vor dem Anschlag Ölfass, Holz und Reifen, sowie eine Gasflasche ein, die dort zum Einsatz kommen sollten. Die Ausrede die Schneider vor Gericht einbrachte, er wollte nur die Halle etwas einrußen, war im Hinblick auf die verwendeten Materialien demnach sinnlos. Die Halle sollte unbewohnbar sein. Das war der Plan. Nicht mehr, nicht weniger. 
Doch kommen wir langsam zum Schluss. Den Abschluss machten Handzettel, auf denen auf der Vorderseite ein Pamphlet abgedruckt war, welches unverblümt Ausländer beschimpfte und auf der Rückseite detaillierte Angaben zum Bau von Bomben und anderen Sprengkörpern gab. Diese wurden in der Nacht zum 20. Februar 2016 in ganz Nauen verteilt in die Briefkästen gepackt. Es war wirklich erschreckend, wie weit Menschen gehen und andere für sich gehen lassen würden, nur um das eigene Ziel durchzudrücken. Das schlimmste aber war zu sehen, wie bereitwillig die Menschen aber zu folgen bereit waren und sind. 
*Schneider wurde während seiner Gerichtsverhandlung aus der NPD geworfen. Nicht wegen seiner Taten, sondern weil er seit März 2016 keine Beiträge mehr gezahlt hatte.

Bildquelle Beitragsbild (Schneider in rot): Presseservice Rathenow https://www.flickr.com/photos/presseservice_rathenow/sets/72157653625228346/

Bildquellen Zeitstrahl: habsch selbst g’macht 

Alle Wege führen durch Herzsprung

Freitag Abend. Ich will auf dem Weg nach Hause nur noch schnell den LKW betanken und dann nichts wie ab nach Hause und ins Bett. So fahre ich also in Herzsprung von der A24 ab und auf den dortigen Autohof. Ich beginne zu tanken, da kommen 2 Reisebusse auf die Tankstelle. Damit muss man rechnen. Womit man aber nicht rechnet ist das, was in dem Moment passiert, nachdem sich die Türen der beiden Busse öffneten. 

Es ergaß sich ein schier endloser Strom an Pubertanten auf die Tankstelle, die viel zu cool für diese Welt sind. Dieser endlose Strom goss in Richtung Tankstellen-Shop und die einzige Verkäuferin wappnete sich. Ich war fertig mit tanken und ging in den Shop um zu bezahlen. Ich betrat den Laden und bereute, wie ich noch nie etwas bereut hatte. Vor mir standen 100 Pubertanten, es hätten 10.000 sein können, ich hätte keinen Unterschied bemerkt. Und jeder einzelne hatte 1 Flasche Wasser und irgendwas zu knabbern in der Hand. Und weil wir in Deutschland sind und es hier immer etwas anders läuft, musste die arme Dame am Tresen jedem einzeln erklären, dass auf den Preis noch 25 Cent Pfand ausgerechnet werden. 100 mal.
100 mal verständnislos gucken. 100 mal Brieftasche wieder rauskramen. 100 mal Kleingeld zählen. 100 mal kleine Trippelschrittchen, die ich Richtung Kasse machte. 
In der Zeit, die ich mit Schlange stehen verbrachte, konnte ich mir mal die Jugend von heute ansehen. Alle trugen Jogginghose und Badelatschen. Tatsächlich alle. Und die Mädels der Truppe hatten alle entweder zu viel Augenbrauen oder viel zu wenig. Manche haben sich scheinbar einfach einen dicken Edding geschnappt und mal drauf los gemalt. Andere dafür wahrscheinlich Stunden vor dem Spiegel verbracht. Nur die allerwenigsten hatten überhaupt noch normale Augenbrauen. Es kristallisierte sich aber schnell heraus, dass die Damen mit den dicksten Eddingstrichen auch die vermeintlich coolsten der Gruppe waren und obwohl ich sie nicht verstand, war es wirklich einfach herauszufinden, wer bei ihnen auf der Abschussliste stand. 
Da war dieses eine Mädchen, in ein paar Jahren würde sie wahrscheinlich alle mit einem Lächeln und Augenaufschlag um den Verstand bringen, die im Gegensatz zu den Balkenmädchen ganz natürlich wirkte und einfach nur da stand. Sie war die Nummer 1. Sowohl auf der Abschussliste, als auch, wahrscheinlich sogar genau deshalb, bei den Jungs. Sie wurde ständig umgarnt und jeder hormongebeutelte Lanzenträger wollte sie vorlassen. Sie lehnte aber jedes Mal mit einem Lächeln ab. Ich kam nicht umhin das sehr zu bewundern. Sie war auch die einzige, die neben ihrer Wasserflasche und ein paar Gummibärchen auch ein „Lustiges Taschenbuch“ kaufte. Damit war sie mir schlagartig sympathisch. Die Balkenmädchen beäugten sie sehr herablassend und ab und zu kam auch mal ein Zischen in ihre Richtung. Ich hoffe, sie wird nicht irgendwann im Schlaf besucht. Es soll ja schon vorgekommen sein. 
Mir ist auch aufgefallen, dass Jugendliche einfach nur laut sind. Sie gehen nicht zu den Leuten, mit denen sie reden wollen, nein, sie brüllen ihnen zu. Auch wenn sie quasi direkt neben ihnen stehen. Befindet sich der Angebrüllte gerade in einem eigenen Gebrüll mit jemand anderen, wird einfach lauter gebrüllt. Irgendwann war es dann so laut, dass ich einfach mal mitgebrüllt habe. Dadurch, dass meine Stimme wesentlich lauter und dazu noch wesentlich tiefer ist, konnte ich die Pubertanten schnell beruhigen. Schnell aber leider nur kurz. 
Irgendwann, nach 24 Minuten, 2 Hörstürzen und 1000 kleinen Trippelschrittchen war ich endlich an der Kasse. Ich habe der entnervten Verkäuferin dann einen Kaffee spendiert, den sie wohl auch dringend brauchte. Ich zahlte und wollte den Laden verlassen, da fiel mir eine weitere Besonderheit bei Jugendlichen auf. Sie stehen einfach nur in der Gegend rum. Leider auch immer in genau der Gegend, durch die ich gerade will, wie zum Beispiel die Ladentür. So standen also einige Balkenmädchen in der Tür und waren einfach nur cool. Drinnen war noch ein männlicher Schönling und guckte. Sie wollten ihn wohl auf sich aufmerksam machen. Leider war ich der einzige, der auf sie aufmerksam wurde, und ich wollte das nicht einmal. Ich wollte einfach nur raus. Das schienen sie nicht zu verstehen und so blieb ich vor ihnen stehen und stand eben auch nur rum. Ich wollte auch mal wieder jung sein und dazu noch cool. Leider war ich den Balkenmädchen nicht cool genug, vielleicht lag es am fehlen der Jogginghose und der Badelatschen, ich weiß es nicht. Nach gefühlten Minuten des gegenseitigen Anstarrens machte eines der Balkenmädchen einen kleinen Schritt zur Seite und ich verließ hohen Hauptes den Laden. Endlich war ich mal wieder cool und jung. 
Dann ging ich an den Bussen vorbei, weil ich einfach nur wissen wollte woher sie stammten, da ich die Sprache nicht zuordnen konnte. In der Frontscheibe waren Schilder angebracht mit Start- und Zielort. Jetzt wurde mir auch klar, warum alle in Jogginghose und Badelatschen unterwegs waren. Die Busse waren unterwegs von Sarajevo nach Stockholm. Hui, dachte ich und Fabian mal bei google maps beide Städte ein. Das ist eine Reise von 2519 km. Und dann habe ich mir die Routen dazu angesehen. Alle Wege führen durch Herzsprung. Ich fand das interessant. Und trotzdem male ich mir nicht mit einem Edding im Gesicht rum. Schon gar nicht mit Absicht. Zumindest nicht oft.